Atomkraft? Nein Danke! 22. Juli 202221. Juli 2022 Eine Diskussion geistert seit etlichen Tagen durch die Medienlandschaft, die an Doppelzüngigkeit und populistischer Rhetorik kaum zu überbieten ist. Es geht um die Laufzeitverlängerung für die verbleibenden Atomkraftwerke in Deutschland. Angeführt wird sie von Vertreter*innen der Parteien, die den komplizierten und sündhaft teuren Ausstieg-nach-dem-Wiedereinstieg zu verantworten haben. Ein Rückblick: 2002 wurde der erste Atomausstieg unter der rot-grünen Bundesregierung beschlossen. Gleichzeitig wurde der massive Ausbau der erneuerbaren Energien in Gang gesetzt, die Solarbranche boomte. Deutschland war weltweit führend in Fertigung und Installation von Sonnenenergie und Warmwasser aus Sonne. Auch in der Windkraft ging es gut voran. 2010 wurde dann unter der schwarz-gelben Bundesregierung der Atomausstieg verschoben und die Laufzeiten um bis zu 14 Jahre verlängert. Gleichzeitig brach der Ausbau der Erneuerbaren ein. Infolge der Nuklearkatastrophe von Fukushima (2011) hat dieselbe Bundesregierung diese Laufzeitverlängerung zurückgenommen. Da merkten 25 Jahre nach Tschernobyl auch CDU und FDP, dass ihre geliebte Kernkraft nicht so sicher ist, wie sie ideologiegetrieben gerne geglaubt hätten. Die Endlagersuche gestaltet sich gleichzeitig als ein enorm aufwendiger Prozess, der politisch von Markus Söder in Bayern torpediert wird. Der selbsternannte Chefgeologe der Nation wusste schon immer warum es in Bayern kein Endlager geben kann. Energiesicherheit und Solidarität auf bayerisch. Die letzten drei Atomkraftwerke sollen nun wie geplant am 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden. Ausgerechnet Markus Söder fordert nun am lautesten deren Weiterbetrieb. Anlass ist die Energieverknappung von Öl und vor allem von Gas durch Russland, die sich bei uns in schnell steigenden Energiepreisen und einer möglichen Gasmangellage zeigt. Nach einem ersten intensiven Stresstest des Bundesministeriums für Klima und Wirtschaft droht allerdings kein Mangel an Strom. Ein Weiterbetrieb der verbleibenden Atomkraftwerke ist daher aus verschiedensten Gründen unsinnig, teuer und irrational. Kurz zur Situation: nur rund 20 Prozent des genutzten Gases in Deutschland gehen überhaupt in die Verstromung. Davon werden zwei Drittel für Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung genutzt. Kraft-Wärme- Kopplung aber können AKW nicht leisten. Die verbleibenden reinen Verstromungskraftwerke wiederum dienen dazu, die Spitzenlast zu decken. Sie müssen schnell einspringen können, also schnell hochfahren, schnell runterfahren. Auch dazu sind AKW nicht geeignet. Darüber hinaus stellen sich zahlreiche Haftungs- und Sicherheitsfragen. Der „TÜV“ für die drei verbleibenden AKW etwa ist seit 2019 abgelaufen. Der Betrieb ohne die sogenannte „periodische Sicherheitsüberprüfung“ wurde nur genehmigt, weil das Enddatum des 31. Dezember 2022 feststand. Ein Weiterbetrieb selbst bei einer sogenannten Streckung der vorhandenen Brennstäbe, ist also auch in einem gesetzgeberischen Verfahren sehr aufwendig, sehr teuer und ineffizient. Von der Beschaffung und dem Einbau neuer Brennstäbe ganz zu schweigen. Dennoch wird aktuell ein weiterer Stresstest unter noch strengeren Szenarien durchgeführt, ob selbst unter schwierigsten Bedingungen die Stromversorgung garantiert werden kann. Wieder ist es dabei Bayern, das durch seine egoistische MirSanMir-Energiepolitik möglicherweise am anfälligsten ist. Damit das nicht diskutiert wird, zeigt Söder auf die Bundesregierung, vor allem auf die Grünen und redet von Ideologie. So sind also die derzeitigen Debatten um Laufzeitverlängerungen von AKW und auch die Debatte um Frackinggas nur Nebelkerzen, die die Klarheit der Verantwortung verdecken sollen. Sie suggerieren eine Rationalität, die nach wie vor nicht die Zukunft unserer Kinder mitbedenkt, die unsere Verantwortung auch für den sogenannten globalen Süden leugnet und den Schwund der Artenvielfalt ausblendet. Die Menschheit verspielt ihre Zukunft durch das fortdauernde Verbrennen fossiler Energieträger und der Ansammlung von giftigem Atommüll. „Wenn der Krieg in der Ukraine etwas zeigt, dann, dass wir den grünen Übergang beschleunigen müssen. Wir müssen den Klimawandel viel effektiver bekämpfen. Das Festhalten an fossilen Brennstoffen ist Selbstmord, und ich hoffe, dass die Menschen verstehen werden, dass Selbstmord nicht gerade der beste Weg ist, um die Zukunft zu meistern“ sagt UN Generalsekretär António Guterres. Welch schmerzliche Kompromisse der menschenverachtende Krieg gegen die Ukraine und die in manchen Fragen komplizierte Regierungsbeteiligung noch fordern wird, unsere Grundrichtung bleibt klar: Wir treten ein für eine Gesellschaft, die Sonne, Wind, Biogas und Wasser nutzt, um ihren Energiebedarf zu decken. Damit unsere Kinder und unsere Mitgeschöpfe eine Zukunft haben. Ein Tempolimit ist dabei übrigens ein gar nicht so kleiner Beitrag, der unkompliziert, schnell und völlig kostenfrei zu haben wäre. Soviel zur Rationalität unserer politischen Mitbewerber.