Ukraine im Krieg – Україна у війні

Vor einer Woche dachten wir diesen Mittwoch eine Schalte mit Künstler*innen aus Kiew zu machen, um über ihre angespannte Lage zu reden. Dann begann am letzten Donnerstagmorgen der völkerrechtswidrige brutale Angiffskrieg von Putin gegen die Ukraine. Und jetzt ist alles anders.

Wie erleben Ukrainer*innen die Tage seit Beginn des Krieges, wie ist der Kontakt zu den Menschen vor Ort? Wie läuft die Flucht im Kontext des Krieges ab, was bedeutet sie für die Menschen und wie wird sich das Fluchtgeschehen weiter entwickeln? Und was kann aus Deutschland getan werden, um die Ukraine zu unterstützen?

Dazu war unser Landessprecher Bernhard Stengele im Gespräch mit der Historikerin Kateryna Kobchonko, Niklas Radenbach vom Verein Ukrainischer Landsleute in Thüringen und Mirjam Kruppa, Thüringer Beauftragte für Integration, Migration und Flüchtlinge, bei unserem digitalen Feierabend am Mittwoch, den 2. März 2022.

Während wir an diesem Mittwochabend über Unterstützung diskutierten, erleben Journalist*innen in Teilen der Ukraine eine dramatische und sich dynamisch zuspitzende Situation, berichtete Niklas Radenbach. In manchen Regionen seien sämtliche Korrespondent*innen geflohen, Zivilist*innen berichten von eingekesselten Städten im gesamten Donbass. Lediglich dem selbstbewussten Auftreten der ukrainischen Armee als auch der Zivilbevölkerung sei zu verdanken, dass noch nicht schlimmere Verluste hingenommen werden mussten.

Für Kateryna Kobchenkow sei der Patriotismus der Ukrainer*innen darin begründet, dass die Ukraine bereits in ihrer Geschichte diversen Unterdrückungen ausgeliefert war. Man musste schon immer hart für die Unabhängigkeit kämpfen und seit weiterhin bereit dafür.

Die unklare Informationslage östlich von Kiew mache dennoch zu schaffen: Zivilist*innen seien nicht zugelassen, die Lieferketten seien gebrochen, teilweise gäbe es nur noch Trockennahrung. Auch die Frage, wie das russische Militär Zivilist*innen behandele, könne nicht überprüft werden, da es keine verlässlichen Informationsquellen gäbe. Frau Kobchenkow zeigte sich verzweifelt, weil niemand abschätzen könne, wie weit Putin gehe.

Auch wenn die Lage in der Ukraine so ungewiss wie auch bedrückend sei, gäbe es weiterhin auch von hier aus Möglichkeiten, die Flüchtlinge und Zivilist*innen zu unterstützen. Der Verein ukrainischer Landsleute e.V. in Erfurt sammele Spenden aller Art, um diese dann mit Transportern an die Grenze zur Ukraine, andere Organisationen fahren sogar nach Lwiw im Westen der Ukraine, um die Hilfsgüter dort abzuliefern und Menschen mit über die Grenze zu transportieren.

Und auch in Thüringen werde Hilfe gebraucht. Ukrainer*innen hätten in Thüringen eine garantierte Aufenthaltserlaubnis für die nächsten 90 Tage. Der Bedarf an Zimmern bzw. Unterkünften wäre groß. Alle Menschen, die eine Unterkunft anbieten können, können dies über das Landesportal tun. Auch Wohnungsbaugesellschaften hätten bereits laut der Integrationsbeauftragten Mirjam Kruppa ihre Unterstützung angekündigt.

Bereits jetzt kommen erste Flüchtlinge aus der Ukraine mit Zügen in Deutschland an. Auch wenn viele in Polen oder der Westukraine bleiben wollten, kann nur ein Tropfen das dynamische Kriegsfass zum Überlaufen bringen. In diesen Tagen würde man auch die Grenzen spüren, an die man als Mensch in einem Nato-Mitgliedsstaat stöße, so Bernhard Stengele. Er rief dazu auf, neben Spenden und gegebenenfalls aktiver Unterstützung an den Grenzen zu Friedensbekundungen und -gebeten zu gehen, um zu zeigen, dass wir nicht alleine sind.