Fragen und Antworten zum Possen als Waldwildnis 23. Februar 20177. Mai 2021 Über den Possen als Wald, der aus der forstwirtschaftlichen Nutzung genommen werden soll, wurde zuletzt viel geschrieben und gesprochen. Denn zusammen mit einer lokalen Bürgerinitiative fordern wir, im Possen einen Teil der Fläche der forstwirtschaftlichen Nutzung zu entziehen. Noch bis 28. Februar 2017 läuft eine Online-Petition dazu in Thüringen, wir haben eine Wanderung organisiert und uns vor Ort umgeschaut, und es wird eine Podiumsdiskussion dazu geben, zu der die Thüringer Allgemeine in Sondershausen einlädt. Wir möchten an dieser Stelle einige Antworten auf Fragen liefern, die euch die Abwägung erleichtern. Fragen und Antworten zur Nutzungsfreistellung von 5 Prozent der Waldfläche in Thüringen und zu einem Wildnisgebiet auf dem Possen (Hainleite) Wo steht das eigentlich mit dem Possen und der Waldwildnis? Auszug aus dem rot-rot-grünen Koalitionsvertrag, Seite 38: „Die Landesregierung wird im Verlauf dieser Legislaturperiode aufbauend auf dem von der bisherigen Landesregierung verfolgten 25.000-Hektar-Ziel mindestens 5 Prozent des Waldes in Thüringen dauerhaft der forstwirtschaftlichen Nutzung entziehen.Zur qualitativ anspruchsvollen Absicherung dieses Ziels werden mindestens drei großflächige Gebiete (insbesondere der Bereich Vessertal, Bereich Wartburg-Inselsberg, Bereich Hainleite/Possen) aus der Nutzung genommen; auf die Anrechnung weiterer sehr kleiner Flächen beziehungsweise von Einzelbäumen wird verzichtet.“ Bereits mit der Errichtung der Landesanstalt ThüringenForst 2011 wurde in der Präambel die Nutzungsfreistellung von 25.000 Hektar Wald und damit 5 Prozent des Waldes in Thüringen festgehalten. Die rot-rot-grüne Landesregierung gibt einen konkreten Fahrplan vor, der eine Umsetzung dieses Ziels bis 2019 vorsieht. Was macht den Possen so besonders? Die Lebensräume am Possen sind mit großflächig zusammenhängenden Waldmeister- und Orchideen-Kalk-Buchenwäldern bestanden. Das ist typisch für die klimatischen Verhältnisse der Region. Deshalb wurde das Gebiet Bestandteil des EU-Vogelschutzgebietes Hainleite-Westliche Schmücke und des FFH-Gebietes (FFH = Flora-Fauna-Habitat) Hainleite-Wipperdurchbruch-Kranichfeld. Und besonders herausragend: das Gebiet ist unzerschnitten und bietet deshalb die beste Voraussetzung für ein Waldwildnisgebiet. Der als FFH-Gebiet geschützte Teil des Possenwaldes hat eine Gesamtfläche von ca. 3.300 Hektar. Was ist derzeit so problematisch in der Diskussion um den Possen? Der Possenwald wurde bisher intensiv bewirtschaftet und für den Einsatz von Harvestern hergerichtet. Er ist ein großflächig unzerschnittener Buchenwald mit hohem Entwicklungspotenzial. Aktuell ist er aber ein intensiv bewirtschafteter Buchenwald mit nur wenigen kleinräumigen Urwaldparzellen. Widerspricht der Nutzungsverzicht den Erhaltungszielen des FFH-Gebietes? Grundsätzlich kann das ein Problem werden, weil wertvolle gemeldete FFH-Lebensräume (Steppenrasen, Kalktrockenrasen, Eichen-Hainbuchenwälder) aufgrund der natürlichen Waldentwicklung verschwinden könnten. Die von einer möglichen Sukzession betroffenen FFH-Lebensräume liegen aber überwiegend am nördlichen Rand des Waldgebietes. Bei Auswahl der 2.500 Hektar Kulisse für den Nutzungsverzicht kann diese so gelegt werden, dass sensible FFH-Offenlandlebensräume und Eichenwälder nicht betroffen sind. Verträgt sich die Urwaldentwicklung einer touristische Entwicklung? Das Freizeitzentrum Possen gehört mit jährlich 300.000 Besucher*innen zu den wichtigsten touristischen Leuchttürmen in Thüringen. Erfahrungen aus dem Nationalpark Hainich und anderen Nationalparken zeigen, dass auch bei einem forstwirtschaftlichen Nutzungsverzicht eine touristische Erschließung des Waldes problemlos möglich ist. Der Tourismusverband des Kyffhäuserkreises befürwortet daher ausdrücklich den forstlichen Nutzungsverzicht auf 2.500 Hektar. Schadet das Konzept des Nutzungsverzichtes der heimischen Holzindustrie? Es sind genug Ressourcen vorhanden, um den Bedarf der Holz- und Sägewerke zu decken. Denn nach Angaben von ThüringenForst werden zur Zeit 76 Prozent des Zuwachses in Thüringen genutzt. Dabei liegt die Konzentration auf der Fichte. Damit werden 60 Prozent der Einnahmen erwirtschaftet und nicht im Laubholz. Nach Ergebnissen der Bundeswaldinventur von 2012 ist der Holzvorrat im Staatswald um 15 Prozent höher als bei der letzten Inventur. Seit 2006 wurden zudem im Rahmen der Privatwaldmobilisierung 15.700 Hektar Wald von privaten Eigentümern wieder in Nutzung gebracht. Schmälert ein Nutzungsverzicht im Staatswald die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von ThüringenForst? Bereits im Errichtungsgesetz von ThüringenForst ist in der Präambel der Nutzungsverzicht auf 25.000 Hektar Wald festgesetzt, was in etwa 5 Prozent des Waldes in Thüringen entspricht: „Um die hohe Bedeutung des Naturschutzes im Freistaat Thüringen angemessen zu würdigen, werden zudem bis Ende 2012 25.000 Hektar Wald identifiziert und danach forst- und naturschutzfachlich so gesichert, dass spätestens 2029 die notwendigen Waldumbaumaßnahmen abgeschlossen und die forstwirtschaftliche Nutzung beendet sein werden.“ Ebenso wurde festgeschrieben, dass, wenn künftig für Maßnahmen des Naturschutzes oder des Tourismus Flächen von der forstlichen Nutzung ausgenommen werden, die Landesforstanstalt keinen Anspruch auf Erstattung des Nutzungsausfalls gegenüber dem Land hat. In seiner Eröffnungsbilanz hat ThüringenForst den Wert des stehenden Holzes zum 1. Januar 2012 mit 1,278 Mrd. Euro bewertet. Erst nach der Einrichtung von ThüringenForst ist die Bundeswaldinventur durchgeführt worden. Diese hat ergeben, dass der Holzvorrat im Staatswald Thüringens 15 Prozent höher ist, als bei der Einrichtung von ThüringenForst angenommen. Damit ist rein rechnerisch der Wert des stehenden Holzes um 192 Mio. Euro gestiegen.