Pünktlich und erkenntnisreich

Grüne fahren mit dem Zug rund um den Harz

Im Zusammenhang mit der Diskussion um die bessere Anbindung des Harzes an den Fernverkehr der Deutschen Bahn haben Mitglieder von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus Herzberg, Osterode, Clausthal, Goslar und Nordhausen mit der Bundestagskandidatin Karoline Otte am Sonntag, den 18. Juli 2021 eine komplette Umrundung des Harzes mit dem Zug durchgeführt.

Start und Ziel war Osterode am Harz Mitte, wo um 8:47 Uhr losgefahren wurde und die Fahrt um 15:47 Uhr auch ihren Abschluss fand (aus Nordhäuser Sicht begann die kleine Weltreise bereits um 7:39 Uhr und endete um 14:25 Uhr).

Doris Köplin, Grüne Altkreis Osterode dazu: „Es ist großartig, dass man den Harz an einem Tag so kostengünstig mit nur einem Ticket umrunden kann.“ Die Rundfahrt zeigte die unglaubliche kulturelle und landschaftliche Vielfalt des Harzumlandes auf, von der Goslarer Altstadt vor der Bahnhofstür über das Schloss Wernigerode und die weithin sichtbaren Kirchtürme von Halberstadt, die Stadtmauertürme von Aschersleben, die Haldenlandschaften im Mansfeldischen bis hin zu den vielfältigen Gipskarsterscheinungen entlang der Süd- und Westharzstrecke – alles gut bis sehr gut während der Fahrt zu sehen. Auch der Brocken war von der Nordseite aus gut zu sehen.

Alle Züge waren auf die Minute pünktlich und überwiegend gut bis sehr gut genutzt, die Toiletten funktionierten, das Personal war höflich und freundlich – alles Punkte, die man im Grunde als selbstverständlich bei einer Bahnfahrt voraussetzt, die aber leider nicht immer zutreffen. 

Sinn und Zweck der Rundfahrt war es, auf die dringend notwendige durchgreifende Verbesserung der Anbindung des Mittelgebirges an den Fernverkehr der Deutschen Bahn und die deutliche Nachbesserung des „Deutschland-Taktes“ aufmerksam zu machen. Andererseits bot die Rundreise die Gelegenheit, sich über die heute vorhandenen Stärken und Schwächen des Schienenverkehrs rund um den Harz zu informieren. Hierfür hatte man mit Michael Reinboth von der „Initiative Höchste Eisenbahn Südharz“ einen ausgesprochen kenntnisreichen Reiseleiter gewinnen können, der unterwegs auf positive wie negative Punkte hinwies.  

Reinboth machte immer wieder auf Schwächen der Infrastruktur aufmerksam. Dazu gehören fehlenden Begegnungsmöglichkeiten auf eingleisigen Abschnitten, die einer Verbesserung der Fahrpläne und Pünktlichkeit der Züge im Wege stehen. Dies gilt unter anderem für die Strecken Braunschweig – Herzberg und Magdeburg – Sangerhausen. Eine Fahrplanverdichtungen auf der Strecke Hannover – Goslar – Halberstadt – Halle könnte Anschlüsse in den Relationen Südharz – Hannover und Nordharz – Erfurt verbessern. Dazu äußerte sich Rüdiger Neitzke (Grüne Nordhausen): “Um die Bahn zukunftsfähig zu machen, ist, wo  überhaupt möglich, der konsequente zweigleisige Ausbau der bestehenden Strecken notwendig. Als Beispiel nannte er die Strecke Nordhausen – Walkenried. 

Weitere wichtige Erkenntnisse betrafen die Aufenthaltsqualität der Bahnhöfe. So fällt der Bahnhof Goslar, als wichtigster und aufkommensstärkster Knoten am Nordharzrand, mit seinem Umfeld signifikant gegen vergleichbare Stationen wie Halberstadt und sogar Aschersleben ab. Am Busbahnhof gibt es nur Pappschilder anstelle von elektronischen Anzeigern, der Vorplatz ist belebt, aber ungepflegt, die Bahnsteigtreppen sind vermüllt, Personal für die Beratung der äußerst zahlreichen Umsteiger fehlt völlig, öffentliche Toiletten gibt es nicht – kein Aushängeschild für das UNESCO-Weltkulturerbe. Ganz anders Halberstadt, wo sich sogar eine Bahnhofsmission um hilfebedürftige Fahrgäste kümmert. Es ist schier unbegreiflich, dass man eine solche Drehscheibe wie Goslar so im Stich lässt. 

Kaum fassbar auch, wie sehr man auf Knotenbahnhöfen wie Herzberg, Salzgitter-Ringelheim und Sandersleben allein gelassen wird. Am Tag der Rundfahrt lief alles wie am Schnürchen – das aber ist, wie alle am eigenen Leibe schon erfahren haben, nicht immer so. Es ist unangenehm für den anreisenden Gast, womöglich bei schlechtem Wetter und bei Dunkelheit hier zu landen, wenn Anschlüsse nicht erreicht wurden. Dazu Bundestagskandidatin Otte: „Ansprechpersonen an den Bahnhöfen könnten die Barrierefreiheit maßgeblich verbessern und dafür sorgen, dass sich alle am Bahnhof zurecht finden und sich sicher fühlen.“

Auch bei den Stationen an der Strecke ergibt sich ein sehr unterschiedliches Bild. Glänzend Ellrich mit seinem zur Feuerwehr umfunktionierten Ensemble, welches gleichwohl aber auch Reisenden Schutz bei schlechtem Wetter bietet, mehr als dürftig dagegen unter anderem Herzberg, wo man dem Verfall des Bahnhofsgebäudes quasi zusehen kann, Sandersleben mit seinen rundherum zugenagelten Fenstern. Was außerdem fehlt, sind Hinweise zu touristischen Highlights und wie sie vom jeweiligen Bahnhof zu erreichen sind.

Die Bahn ist, so der allgemeine Eindruck, bei intakter Infrastruktur und zuverlässigem Verkehren ein geradezu ideales Verkehrsmittel, um an den Harzrand zu reisen und dann mit den Busverbindungen in das Innere des Gebirges vorzustoßen. Aber es fehlen lang laufende Zugverbindungen, welche die Zahl der Umstiege reduzieren helfen – und es fehlen vor allem durchgehende Fernzüge, wie sie andere touristische Destinationen wie Nord- und Ostseeküste, Schwarzwald und Alpen selbstverständlich haben. 

Fazit:

Der Bahnverkehr rund um den Harz ist nicht schlecht aufgestellt, schöpft jedoch das Potenzial, welches vor allem Urlauber und Tagesausflügler bieten, bei weitem noch nicht aus. Dazu Almut Mackensen (Grüne Altkreis Osterode): „Heute ging es „einmal um den Harz“, anscheinend aber sonst an entscheidenden Stellen viel zu selten, denn mit dem geplanten Deutschlandtakt für den Bahnverkehr, wird es für den Harz fast nur Verschlechterungen geben.“  Konkret wurden dann die Forderungen mit der Vorstellung eines Musterfahrplans für Nordhausen durch Rüdiger Neitzke, Vorsitzender der Grünen-Kreistagsfraktion in Nordhausen, mit dem er unter anderem Direktverbindungen nach Frankfurt, Berlin und Dresden fordert. 

Die Bündnisgrünen sehen nach dieser Rundfahrt mehr denn je Gründe, sich für einen besseren Schienenverkehr rund um den Harz und verlässliche Anschlüsse an den Fernverkehr in den und aus dem Harz heraus stark zu machen, und werden dies auch tun. 


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