Nach Lwiw und zurück: Wie geht Hilfe für die Ukraine?

Rückblich auf den Digitalen Feierabend vom 30. März 2022: „Nach Lwiw und zurück: Wie geht Hilfe für die Ukraine?“

Über einen Monat herrscht Krieg in der Ukraine. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Die Hilfsbereitschaft der Gesellschaft ist groß und verschiedene Initiativen und Ehrenamtliche in Thüringen haben innerhalb kürzester Zeit wichtige Hilfsstrukturen für die Unterstützung der vom Krieg Betroffenen aufgebaut. So auch die Evangelischen Lukas-Stiftung in Altenburg, die Hilfslieferungen mit Medikamenten und medizinischem Bedarf zum Sheptytsky Hospital im westukrainischen Lwiw organisiert und der Verein Ukrainischer Landsleute in Thüringen, der Ukrainier*innen vor Ort, bei der Flucht und nach der Ankunft in Thüringen unterstützt.

Bei unserem digitalen Feierabend am 30. März 2022 sprach Landessprecher Bernhard Stengele mit Ilona Mamiyeva vom Verein Ukrainischer Landsleute in Thüringen und mit Torsten Grieger und unserem Landesvorstand Felix Kalbe, die als Teil eines Hilfskonvois Medikamententransporte der Evangelischen Lukas-Stiftung nach Lwiw mitbegleitet haben.

Felix Kalbe schildert, dass ihm während seiner Fahrten in die Westukraine eines besonders deutlich wurde: Egal, wie physisch und psychisch anstrengend die verschiedenen Formen der Unterstützung seien, zeige jede Reise immer wieder, warum der Idealismus der Helfer*innen weiter benötigt werde, die es vor allem dann brauche, wenn die logistischen Grenzen der staatlichen Hilfe erreicht sind.

Dennoch sei jede Fahrt nach Lwiw auch ein Härtetest für alle Helfer*innen: Die Stadt und besonders das Shpytsky Hospital waren bereits seit 2014 ein Anlaufpunkt für Verletzte aus ukrainischen Konfliktregionen. Mittlerweile halten sich in der Stadt, die in friedlichen Zeiten rund 700.000 Einwohner*innen zählt, zwischen 1,5 und 2 Millionen Menschen auf. Die hoffnungslose Überlastung der städtischen Kapazitäten führte laut Felix Kalbe dazu, dass auch während der Fliegeralarme Menschen sich weiterhin auf den Straßen aufhielten, weil in den Bunkern schlicht kein Platz sei. Immer wieder würde man mit Schicksalen konfrontiert, die deutlich machten, wie groß die bleibenden Schäden von Putins Krieg gegen die Ukraine sein werden.

Ilona Mamiyeva vom Verein Ukrainischer Landsleute berichtet, wie sich ihr Verein in den letzten Wochen von einem kleinen Kulturverein zu einer Wohltätigkeitsorganisation entwickelt habe Seit Ende Februar koordinieren sie von Erfurt aus Lieferung von Hilfsgütern, organisieren Dolmetscher*innen für ukrainische Geflüchtete und möchten Freizeitprogramme schaffen, um den Geflüchteten ein Stück weit Alltag zu ermöglichen.

Die Ukrainischen Landsleute zeigen sich noch immer überwältigt von der Hilfsbereitschaft, die auch die Thüringer*innen an den Tag legten. Zuletzt konnte unter anderem durch die Unterstützung des Grünen Kreisverbands Erfurt, Laura Wahl und Katrin Göring-Eckardt ein neues Büro bezogen werden und eine Mitarbeiterin eingestellt werden.

Eine Frage stellt sich an dieser Stelle immer wieder: Wie kann man jetzt konkret helfen? Und was wird derzeit gebraucht? Dadurch, dass der Bedarf spezifischer werde, wünschen sich die Landsleute primär Unterstützung bei Kontakten, die Güter in größeren Quantitäten erwerben können. Von Tablets über Freizeitangebote bis hin zu Kontakten im Lebensmittelhandel könne alles benötigt werden. Felix Kalbe erinnerte nochmal: „Die beste Art zu helfen ist noch immer, vorher anzurufen und nachzufragen, wo Bedarf besteht. Man ist erstaunt, was alles zu gebrauchen ist.“ Bei Nahrungsmittellieferungen seien besonders lange haltbare Nahrung im großen Stil gut zu gebrauchen. Die kleineren Portionen würden gelagert und an die Ukrainer*innen, die sich bereits in Thüringen aufhalten, angeboten.

Ein großer Klärungsbedarf von Seiten der Politik bestehe in Thüringen noch bei der Erstattung der Unterbringungskosten. Insbesondere Hotels würden sich laut Nataliya Vorbringer-Dorozhovets aufgrund solcher wirtschaftlicher Fragen von der Aufnahme von Ukrainer*innen abhalten lassen. An dem Engagement des Einzelnen läge es jedoch nicht, betont Ilona Mamiyeva: Ihr Telefon für Unterstützungsanfragen würde noch immer fast alle zwei Minuten klingeln. Diese Art der Anteilnahme würde diese harten Zeiten zumindest ein wenig erleichtern.