Für stärkeren Schutz jüdischen Lebens und die Bekämpfung von Antisemitismus

Ein Beitrag der Landesarbeitsgemeinschaft Religionen

Wir begrüßen das Zustandekommen der Resolution zur Förderung jüdischen Lebens und gegen jeden Antisemitismus, welche der Bundestag am 6. November 2024 beschlossen hat. Wir sehen mit Sorge die gesellschaftliche Stimmung in Thüringen, die bei Jüdinnen und Juden zu einer tiefen Verunsicherung führt. Das Existenzrecht Israels und sein Recht auf Sicherheit und Selbstverteidigung erkennen wir ohne Wenn und Aber an, ohne damit berechtigte Kritik an der derzeitigen Regierung und ihrem Vorgehen auszuschließen und während wir eine Zweistaatenlösung, die allen Menschen in der Region gerecht wird, sehnlich erhoffen.

Wir sehen und unterstützen die klare Aufforderung an die Landespolitik in folgenden Schritten konkret und unmittelbar wirksam zu werden:

  • Die Jüdische Landesgemeinde Thüringen und Vereine zur kulturellen und politischen Arbeit, z.B. der Förderverein für jüdisch-israelische Kultur, die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit oder das Junge Forum Jena der deutsch-israelischen Gesellschaft brauchen ausreichende und planbare finanzielle Absicherung, besonders in der aktuellen politischen Lage. Dasselbe gilt für unsere Gedenkstätten, z.B. die Stiftung Buchenwald Mittelbau Dora, das KZ-Außenlager Laura oder Topf&Söhne, das Welterbezentrum mit der Alten Synagoge Erfurt, die Meldestelle RIAS Thüringen und die Opferberatungsstelle ezra, ebenso wie Bildungsprojekte, z.B. das Netzwerk „Jüdisches Leben Erfurt“.
  • Landesmittel sollten dagegen nicht zur Förderung antisemitischer Kunst- oder Bildungsprojekte verwendet werden. Hierbei geht es nicht um eine Einschränkung der Kunst- und Meinungsfreiheit, sondern um das Recht des Landes, Fördermittel nach demokratischen und antidiskriminierenden/ diskriminierungsfreien Richtlinien zu vergeben.
  • Es braucht gestufte, aber deutliche rechtsstaatliche Konsequenzen für antisemitische Äußerungen und Handlungen, egal von welcher Seite sie ausgehen. Polizei und Verwaltung sollten für verschiedenartige antisemitische Erscheinungsformen sensibilisiert und weitergebildet, sowie mit entsprechenden handhabbaren Rechtsmitteln ausgestattet werden, damit zum Beispiel Solidarisierungsbekundungen mit terroristischen Vereinigungen wie der Hamas und Akten wie dem Massaker am 7. Oktober 2023 unterbunden werden können. Auch für die Verfolgung von Hassrede und Hetze im Internet müssen Mittel bereitgestellt werden.
  • Jüdinnen und Juden, genauso wie auch anderen Angehörigen religiöser Minderheiten, sollte zudem ein Recht auf Freistellung an ihren wichtigen religiösen Feiertagen eingeräumt werden.
  • In Anbetracht vergangener Erfolge der rechtsextremen Thüringer AfD bei den Landtagswahlen im September sind wir irritiert von der Suggestion, der gegenwärtige Antisemitismus basiere vorrangig auf der „Zuwanderung aus den Ländern Nordafrikas und des Nahen und Mittleren Ostens“ (BT-Drs 10/13627; S. 2 oben; https://dserver.bundestag.de/btd/20/136/2013627.pdf). Antisemitismus und der davon untrennbare Geschichtsrevisionismus gehören zum Kern der politischen Ideologie der Thüringer AfD. Unabhängig von der Herkunft der Täter*innen sind antisemitische Straftaten konsequent nach bestehendem Recht zu verfolgen. Antisemitismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem und nicht nur in den politischen Rändern beheimatet. Deswegen ist es wichtig für den Zusammenhalt in der Gesellschaft, dass alle gesellschaftlichen Gruppen, (auch links oder konservativ geprägte Parteien), Verantwortung für ein klares Einstehen gegen Antisemitismus übernehmen, und dieses gleichzeitig nicht zum Anlass für die Diskriminierung anderer Gruppen, z.B. von Muslimen, nutzen.

Wir als Landesarbeitsgemeinschaft Religionen stellen uns klar an die Seite der Jüdinnen und Juden in Thüringen und möchten uns für eine Gesellschaft einsetzen, in der Vielfalt als Bereicherung wahrgenommen wird und in der (religiöse) Minderheiten ein ruhiges und sicheres Leben führen können und willkommen sind.

Für die Landesarbeitsgemeinschaft Miriam und Benjamin als Sprechteam