Digitaler Feierabend: „Russischer Winter – Was die Energiepreise für die Wärmewende bedeuten“

Vor dem Hintergrund der steigenden Gas- und Ölpreise, den Entwicklungen um die Gaspipeline Nord Stream 2 und den Verhandlungen der Klimakonferenz in Glasgow ist das Thema Energiewende aktueller denn je.

Bernhard Stengele, Landessprecher von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Thüringen, diskutierte mit Simone Peter vom Bundesverband Erneuerbare Energie und mit Constantin Zerger von der Deutschen Umwelthilfe die Frage, wie realistisch eine Umsetzung der Energiewende aus Sicht der Wissenschaft erscheint. Dabei waren sie sich einig: Es mangelt weder an der Erforschung der Technologien noch an der Finanzierbarkeit. Der Umschwung auf erneuerbare Energien wäre so günstig, dass damit auch die globale Energieversorgung gesichert wäre.

Doch die Große Koalition hat mit ihrem Einsatz für Nord Stream 2 dem Bau einer Pipeline zugestimmt, deren Inbetriebnahme Millionen weitere Tonnen an CO2 verursachen würde. Obwohl wir schon deutlich zu viel Gas in der Industrie und den Privathaushalten verbrauchen, ginge mit der Gas-Pipeline ein fossiles Megaprojekt an den Start, dessen Auswirkungen nicht ausreichend überprüft wurden: Die Klage der deutschen Umwelthilfe, die Pipeline auf mögliche Methan-Emissionen hin zu überprüfen, wurde am Tag vor unserer Veranstaltung abgelehnt.

Doch Hoffnung gibt es trotzdem noch: Um auf dem (bei der Weltklimakonferenz noch einmal symbolisch untermauerten) 1,5-Grad-Pfad zu bleiben, müssen besonders die Industrieländer der europäischen Union ihre Anstrengungen verstärken.

Doch um diese Maßnahmen ergreifen zu können, ist es erforderlich, schnell ein Energiebewusstsein schaffen, das die sich über Jahre aufgebauten Vorurteile wieder abbaut. Das fängt dabei an, dass wir über die verheerenden Konsequenzen der Emissionen von CO2, Methan und weiteren Treibhausgasen für den Klimawandels aufklären müssen. Auch in der deutschen Politik muss es eine „Methanlobby“ geben, die auf die Umweltschäden der Methangase sowie auf ihre Quellen aufmerksam macht. Man muss klar kommunizieren, dass Gas-Pipelines wie NordStream 2 keine Wasserstoffleitungen der Zukunft sind und dass man mit solchen fossilen Energiequellen eine Energiepolitik durchführt, die auf den Interessen der Fossilindustrie basiert.

Darüber hinaus ist es unsere Aufgabe, darauf aufmerksam zu machen, dass keine Region wegen Wetterbedingungen von der Produktion von Windenergie ausgenommen werden kann. Langfristig würde ihnen ansonsten sogar die wirtschaftliche Grundlage entzogen werden, da es genug Wirtschaftszweige gibt, die bereits jetzt mit grünem Strom planen und auf eine erneuerbare Energieversorgung angewiesen sind.

Darüber hinaus muss aber auch unter den Bürger*innen eine Akzeptanz für die Energiewende schaffen, indem man diese aktiv an Zukunftsmodellen für Wind- und Solarenergien beteiligt. So können die Leute die tatsächliche Wirkung der erneuerbaren Energien sowie ihre regionale Wertschöpfung erkennen. Auf diese Weise findet die Mehrheitsgesellschaft neue Zugänge zu erneuerbaren Energien und sieht beispielsweise in Windkraft mehr als nur einen Einschnitt in die Landschaft. Die nächste Bundesregierung steht in der Verantwortung, mit einem solchen Umweltbewusstsein für Klimaschutz zu sorgen.

Bereits heute können wir zu mancher Jahreszeit auf 100 % Ökostrom setzen. Der Gasbedarf wird sich bis 2040 halbieren und wird zukünftig nur noch als Back-Up dienen, wenn nicht genug Wind wehen sollte. Eine Gaspipeline wie NordStream 2 ist deshalb wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen. Der Handlungsspielraum ist noch da, es gibt viele Verbündete, die den Stopp von diesem Erdgasprojekt unterstützen würden. Man muss sich im Klaren sein, dass jede Tonne unnötiger CO2-Emissionen die Freiheitsrechte der zukünftigen Generationen einschränkt. Constantin Zerger von der DUH formulierte es so: „Ist es ein politisches Projekt, veranlasst durch eine politische Entscheidung, so kann man es auch mit einer politischen Idee stoppen.“