Neues von der Apfelstädt

Ein Beitrag von Landessprecher Bernhard Stengele

Seit mehreren Jahren machte uns die Situation über das jährliche Trockenfallen des Flusses Sorgen. Die schon lange vorkommenden Trockenphasen wurden immer länger, belasteten immer mehr Flora und Fauna. So drohte die Gegend zunehmend zu veröden. Die Ursachen hierfür waren höchst umstritten. Ob die Inbetriebnahme der Westringkaskade oder der immer stärker wirkende Klimawandel mit Dürresommern in Folge verantwortlich ist, war ein Kern der immer aggressiver werdenden Auseinandersetzungen, die ebenso über Wasserrechte, Historie und Zuständigkeiten geführt wurde. Wie und in welchem Ausmaß Hilfe wirken könnten, ebenfalls. Die Bürgerinitiative Lebensraum Apfelstädt stritt leidenschaftlich mit dem Umweltministerium um die Deutungshoheit und gangbare Maßnahmen. Wir Bündnisgrüne haben diesen Prozess lange begleitet, da die Situation offensichtlich für die Anwohner schwer belastend war und ein wunderbares Ökosystem immer mehr zu vertrocknen drohte. Eine Lösung der vertrackten Situation war lange Zeit nicht in Sicht. Nun aber kam durch Staatssekretär Burkhart Vogel, vom Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz, langjähriger Vorsitzender des BUND Thüringen und guter Kenner der Situation vor Ort, Bewegung in die Sache. 

Unter dem Motto „Miteinander auf den Weg machen“, stellte die Thüringer Fernwasserversorgung (TFW) am Dienstagabend bei einer öffentlichen Veranstaltung in Apfelstädt Veränderungen ihres Talsperrenmanagements der Stauanlagen Schmalwasser und Tambach-Dietharz vor. Ein neuer seit Mittwoch begonnener Probebetrieb wurde zwischen der Thüringer Fernwasserverorgung (TFW) mit dem Landkreis Gotha und dem Thüringer Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz (TLUBN) vereinbart. Eingebunden waren zudem Vertreter des Landesanglerverband Thüringen e. V. und der Bürgerinitiative „Lebensraum Apfelstädt“.

Um in Trockenzeiten mehr Wasser als bisher in die Apfelstädt zu leiten, ändert die TFW die Speicherbewirtschaftung an beiden Stauanlagen. Der Abfluss soll im niederschlagsstarken Winterhalbjahr reduziert werden – das dadurch zusätzlich zur Verfügung stehende Wasser soll in den sommerlichen Trockenperioden mehr als bisher in die Apfelstädt fließen. Insbesondere in den vergangenen Trockenjahren führten auftretende Niedrigwasserabflüsse in der Apfelstädt, aufgrund der zwischen Hohenkirchen und Wandersleben vorherrschenden geologischen Situation eines Karstflusses, zu länger andauernden vollständigen Versinkungen des sichtbaren Flusses in den Kieskörper und in den Untergrund.

Begleitet wird der Probebetrieb durch ein umfangreiches Monitoring der Apfelstädt. Hier werden das Landratsamt Gotha und das TLUBN eng zusammenarbeiten, um verbesserte hydraulische und hydrologische Kenntnisse der Versinkerungsbereiche zu erlangen. Auch wird der Einfluss des Probebetriebes aus gewässerökologischer und fischereibiologischer Sicht dokumentiert. Aus den gemeinsam ausgewerteten Ergebnisse sollen ebenfalls Steuerungsvorgaben für die Niedrigwasseraufhöhung abgeleitet und angepasst werden können. 

Das Auslösekriterium und die Höhe der Niedrigwasseraufhöhung wird durch die drei beteiligten Institutionen der Vereinbarung für die jeweilige Periode der niedrigen Wasserführung festgelegt. Einfließen werden zukünftig die Ergebnisse aus dem umfangreichen begleitenden Monitoring. Als Startwert bis Oktober 2023 wird ein Zielwert von 0,4 Kubikmeter pro Sekunde am Pegel Georgenthal angesetzt. Die zusätzliche Niedrigwasseraufhöhung setzt ein, wenn an sieben oder mehr Tagen der Pegel unter dem Zielwert liegt. Die Vereinbarung sieht vor, dass am Teilerwehr Georgenthal die gesamte zusätzliche Wassermenge der Apfelstädt zuzuschlagen ist.

Die Ergebnisse werden jährlich in einem Zwischenbericht zusammengestellt und Maßnahmen daraus abgeleitet. Begleitet wird der Probebetrieb von einem Begleitausschuss, in dem auch die Bürgermeister der Anrainergemeinden, die Bürgerinitiative „Lebensraum Apfelstädt“ und der Landesanglerverband Thüringen e. V. vertreten sind. 

Diese Vereinbarung sind ein großer wichtiger Schritt, einerseits um die Krise um die Apfelstädt zu lösen und aber auch in eine produktive Auseinandersetzung zu kommen. Ob die Massnahmen ausreichend sind, stieß sowohl beim Anglerverband als auch bei der Bürgerinitiative auf Skepsis. Gleichwohl sind alle froh, dass dieser Prozess in Gang gekommen ist. Das ist einerseits dem hartnäckigen Kampf der Bürgerinitiative und ihrer Mitstreiter, andererseits dem klugen und kompetenten Vorgehen von Staatssekretär Burkhart Vogel zu verdanken. Wir werden in den kommenden Jahren zunehmend mit solchen Herausforderungen konfrontiert sein, da die Klimakrise ihren Tribut fordern wird. Darauf müssen wir uns einstellen – fachlich und kommunikativ.