Zur Sache mit Reinhard Bütikofer: Die russische Krise

Die russischen Aggressionen an der ukrainischen Grenze sind aktuell neben der Corona-Pandemie eines der meist diskutierten politischen Themen. Tatsächlich ist diese Krise gefährlicher als alles, was wir in Europa in den letzten Jahrzehnten erlebt haben. Sogar in der späteren Phase des Kalten Krieges gab es so eine heiße Zuspitzung nicht. So bitter es ist, die Kriegsgefahr ist real. Wie kommt es, dass Putin jetzt eine solche Krise heraufbeschwört? Und wie könnte ein Ausweg aussehen, der nicht nur den Krieg vermeidet, sondern auch dazu beiträgt, die Spannungen mittel- und langfristig zu verringern?

Darüber hat Landessprecher Bernhard Stengele am Freitag, den 4. Februar 2022 mit unserem Europaabgeordneten Reinhard Bütikofer gesprochen.

Bütikofers Sicht auf den Ursprung des Konfliktes war sehr deutlich: Diese Krise ist eine „russische Krise“. Das Vorgehen sei ein Teil der Strategie, die Putin seit der Krim-Annexion in der Ukraine verfolge: die sowohl vor als auch nach dem Zerfall der Sowjetunion festgehaltenen Abkommen unter den Tisch fallen zu lassen und zu revidieren, um seinen „imperialen Traum“ einer russischen Großmacht zu verwirklichen. Dabei sei das immer wieder diskutierte Motiv, die Furcht vor einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, nur ein Vorwand Putins: Ein NATO-Beitritt der Ukraine sei derzeit in weiter Ferne, die 2008 festgehaltene „Aufnahmeperspektive“ vage und fristlos. Putin gehe es vielmehr um Machtpolitik. Er reize seinen Handlungsspielraum aus und warte Reaktionen der EU und USA ab.

Neben der Ukraine fühlten sich zu Recht auch die baltischen Länder und Rumänien als postsowjetische Staaten von einer Invasion Putins bedroht, der Konflikt gehe weit über die ukrainisch-russische Grenze hinaus. Die USA und die EU müssten sich nun solidarisieren und eine weitere Eskalation des Konfliktes verhindern, in einer Sprache, die Putin verstehe: der Sprache der Macht. „Wenn die ökonomischen Risiken zu groß werden, wird Putin sich eine Invasion in die Ukraine fünfmal überlegen.“

Momentan müsse man sehr vorsichtig agieren, denn alles, was sich gegen die Ukraine oder für Putin ausspreche, würde Russland beflügeln. Ein diplomatisches Vorgehen sei gefragt. Aus Bütikofers Sicht hat Annalena Baerbock einen ersten Schritt gemacht, indem sie sagte, sie sei für die Sicherheit aller Länder verantwortlich, auch für die russische.