Corona-Impfpflicht: Spaltpilz oder Chance?

Rückblick auf den Digitalen Feierabend vom 26. Januar 2022: „Corona-Impfpflicht: Spaltpilz oder Chance?“

„Es wird keine Impfpflicht geben“ – so hieß es noch im Sommer letzten Jahres. Die Impfpflicht ein Tabu. Doch mit immer neuen Corona-Wellen und mutierenden Corona-Viren änderte sich die Lage. Nachdem im Dezember bereits eine einrichtungsbezogene Impflicht beschlossen wurde, wird nun auch intensiver über eine allgemeine Impfpflicht diskutiert. An diesem Mittwoch befasst sich der Bundestag mit einer möglichen Einführung.

Während die Politik noch abwägt, ist die Diskussion allgegenwärtig. Sie wird zum Teil heftig bis in die Familien hinein geführt. Die Signale aus der Wissenschaft sind vielfältig und verändern sich. Und so bleibt auch die Stimmung auf den Straßen angespannt. Am letzten Wochenende versammelten sich wieder tausende Menschen in Thüringen bei angemeldeten und unangemeldeten Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen und die mögliche Impflicht – manche ohne Maske, ohne Abstand, die diesen Staat zur Diktatur erklären.

Was spricht gegen eine allgemeine Impfpflicht, was dafür? Ist sie nötig, überflüssig oder gar wirkungslos? Bei unserem dieswöchigen digitalen Feierabend sollte alle Seiten der Debatte beleuchtet werden.

Mit dabei war unter anderem Paula Piechotta. Die Leipziger Ärztin sitzt seit dem letzten Herbst für die Grünen im Bundestag und plädiert stark für eine Impfpflicht um mögliche Corona-Wellen im Herbst zu vermeiden. Im Bundestag hatte sie gerade am Nachmittag ihre erste Rede gehalten und für einen Mittelweg – die Impfpflicht für Menschen ab 50 Jahren – geworben.

Doch was sagen die Thüringer*innen zum Thema Impfpflicht? Dazu hat uns Philipp Sprengholz, Experte für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt ist, einen Einblick gegeben. Er arbeitet mit an der Cosmo-Studie (Covid-19 Snapshot Monitoring), die die Wahrnehmung der Corona-Pandemie und das Verhalten der Bevölkerung untersucht. Laut dieser Studie sind 59% der Geimpften für eine Impfpflicht. Rund drei Viertel der Ungeimpften engagieren sich in unterschiedlicher Form gegen eine Impfpflicht. Ungeimpfte sehen die Debatte als unfair.

Thomas Maier, Neulandgewinner vom Schloss Tonndorf, sieht eine Impfpflicht als kritikwürdig an und beleuchtete die negativen Fragen der gesellschaftlichen Debatte. Ihm würde zu viel einfach gefordert ohne Rücksicht auf die Folgen für Menschen, die sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht impfen lassen wollten. Nicht jede*r, die*der sich nicht impfen lassen wolle, sei ein Leugner der Wissenschaft.

Babette Pfefferlein, Thüringer MdL und gesundheitspolitische Sprecherin bringt eine weitere Perspektive mit in die Debatte. Sie sagt, dass sie die Sorgen vor einer Impfung nachvollziehen könne, es aber trotzdem eine höhere Impfrate in Thüringen geben müsse. Wichtig sei für sie der Fokus auf konstruktive Aufklärungsgespräche mit Ärzt*innen. Außerdem sehe sie den Notstand in Thüringer Krankenhäusern und Pflegeinrichtungen als Bedrohung. Hier würde immer noch zu viel gespart. Außerdem könnte sich dieser Zustand durch die einrichtungsbezogene Impfpflicht nochmal verschlechtern, wenn ungeimpfte Angestellte ihre Stellen verlassen müssten.

Landessprecher Bernhard Stengele, der den Abend moderierte, wies darauf hin, dass die Diskussion nicht aufgeteilt werden könne in richtig oder falsch. Es gebe in der sich ständig veränderten Sachlage immer wieder gute Argumente für oder gegen eine allgemeine Impfpflicht. Dass für abweichende Meinungen in unserer Partei Platz sein müsse, sei für ihn elementar wichtig.