„Für mich war der Mauerfall wichtiger als die Wiedervereinigung“

Prof. Dr. Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, im Interview mit Landessprecher Bernhard Stengele

Lieber Herr Schramm, am 9. November gedenken wir zweier Ereignisse – zum einen der Pogromnacht 1938 und gleichzeitig auch dem Mauerfall 1989. Wie ist das für Sie?

Am 9. November 1989 war ich auf einer Konferenz/Tagung der jüdischen Gemeinde DDR in Berlin in der Humboldt-Universität. Das habe ich gut in Erinnerung. Nachts ging dann die Grenze auf, die Mauer fiel. Und da sind wir auch nach Westberlin gegangen.

In der Nacht noch?

Ja, ja. Das war ja auch ein Ereignis. Und ich wusste, dieser Mauerfall, das war auch die Chance, dass mein Sohn wieder zurückkommen konnte.

Der war im Gefängnis in der DDR…

Und wurde dann abgeschoben nach Westdeutschland.

Und Sie hatten deshalb wenig Kontakt zu ihm?

Meine Frau ist Polin, die durfte nach Westdeutschland fahren. Aber ich natürlich nicht und er konnte nicht her. Und er hatte noch zwei Geschwister, die er auch nicht sehen konnte. Und wir hatten ja eigentlich genug deutsche Geschichte erlebt in unserer Familie. Also es reichte langsam! Für mich war der Mauerfall wichtiger als die Wiedervereinigung. Denn der Mauerfall, war das Ende der Einschränkungen, die aus meiner Sicht falsch und unnötig waren. Ich hatte vielleicht auch die falsche Vorstellung, dass man den Sozialismus humanistisch machen kann, mit menschlichen Ansätzen, wie das Dubcek vorhatte – hat nicht ganz geklappt…. Ich habe gesagt, die können doch nicht alle blöd sein. Wir sind doch nicht blöd. Wir können das doch auch menschlicher machen, dachte ich. Ich bin doch auch für den Sozialismus. Mein Sohn sagte mir, er war ja wie gesagt im Gefängnis gewesen: Vater, du bist ein Idiot. So etwas kann man nur beseitigen. So was kann man nicht reformieren. Hat ja auch wahrscheinlich Recht behalten, aus der heutigen Sicht.

Und jedenfalls war der Mauerfall für mich das Ende dieser Einschränkungen. Und da wir diese kleine Familie hatten, mein Sohn da, die anderen zwei Kinder hier, war das ein großes Glück.

Wie alt waren die Kinder damals?

Der Sohn muss zwanzig gewesen sein, als er zurückkam, mit achtzehn war er verhaftet worden. Die Tochter war dreizehn, der andere Sohn war acht. Sodass eigentlich nur der große Sohn mit seiner Gefängniserfahrung in der DDR bewusst die Familie in ihrer Haltung beeinflusst hat.

Der Mauerfall war für mich etwas sehr Wichtiges und sehr schön für die Zukunft meiner Kinder und meiner Familie, die wieder zusammen sein konnte. Das, was hinterher auf den Straßen gerufen wurde „Wir sind ein Volk“? Wissen Sie, wenn ich so etwas höre, „dieses Volk“, das meine Mutter wie den letzten Dreck behandelt hat, da muss ich nachdenken, ob dieses Volk nun mein bester Freund ist.

Ich hatte das Gefühl, dass es nicht gut wäre, wenn Berlin Hauptstadt wird. Für mich hätte da Bonn bleiben sollen, die haben keinen Dreck am Stecken – das kann man von Berlin nicht sagen. Das war meine Haltung. Bonn hat nichts Böses angerichtet, vielleicht ist das für die Zukunft Deutschlands in Europa der bessere Platz. Ob das nun zentral liegt oder nicht, war ja nicht mein Anliegen. Ein Irrtum von heute ausgesehen. Das Zweite war, ob die Einheit überhaupt für mich so etwas ganz Wichtiges war. Freiheit? Ja! Bewegungsfreiheit für meine Familie? Ja! Aber ich konnte mir die DDR mit einer gewissen Spezifik vorstellen. Und vierzig Jahre sind nicht viel. Österreich geht’s doch auch nicht schlecht, die sprechen doch auch deutsch. Ich musste jedenfalls bei „Wir sind ein Volk“ nicht hinterherrennen.

War damit auch Angst verbunden? Also Sie waren in der DDR als Jude, davor hat Deutschland versucht das jüdische Volk auszurotten. Was passiert da, wenn das alles wieder ein Volk ist? Gab es diese Ängste auch?

Also das Gefühl, ich kann ja nicht absehen, was alles in der Zukunft in dem geteilten und nicht geteilten Europa noch entsteht, gab es. Das Gefühl, wenn Deutschland wieder auf einen schlechten Weg käme, wäre es besser es sei geteilt. Ich hatte einen richtigen Grund aus meiner Sicht. Angst! Angst vor dem falschen Deutschland. Und da habe ich mich geirrt. Ich denke schon, dass das gut so ist wie es gelaufen ist. Berlin als Hauptstadt ist richtig und dass Deutschland eins ist, finde ich auch gut, auch für meine Familie und für meine Kinder.

Der Mauerfall war für Sie wichtiger als die Wiedervereinigung. Er bedeutete, dass die Familie sich wiedersehen kann, dass Freiheit und Freizügigkeit wieder da waren. Wenn man die Situation jetzt betrachtet, die wir 30 Jahre später haben, vor allem in Ostdeutschland, mit Tönen, die man durchaus nationalistisch hören kann – wie geht es Ihnen damit?

Also ich habe noch einen starken Optimismus, was Deutschland anbetrifft. Und ich denke sowohl die DDR als auch die BRD haben sich im Rahmen ihrer unterschiedlichen Möglichkeiten relativ anständig damit beschäftigt. Aus meiner Sicht. Das mögen viele Leute heute anders sagen. Für mich war der Antifaschismus der DDR nicht nur eine leere Worthülse, es hat viele in der DDR gegeben, die das auch ganz ernst gemeint haben. Das darf man nicht unterschätzen. So denke ich, hat es auch in Westdeutschland die Bemühungen gegeben. Aber es sind auch welche verzweifelt, wenn ich an den Fritz Bauer denke. Andere hätten diesen Auschwitz-Prozess nicht gemacht. Also neben allem, wo man vieles hätte besser machen können in der DDR und der BRD nach 1945, hat es immer Leute gegeben, die sich mit hohem Anstand für die Aufarbeitung des Faschismus eingesetzt haben. Das spreche ich auch nicht Bekannten ab, die in der DDR gearbeitet haben oder in der SED waren. Das ist einfach unanständig, wenn man da so eine Pauschalisierung macht. Vereinfachungen, die helfen niemandem weiter.

Wenn Leute sagen, wir wollen das nicht mehr hören, mal einen Schlussstrich ziehen, das hängt ja damit zusammen, dass doch relativ viel über die Verbrechen des Nationalsozialismus gemacht wird.

Den deutschen Faschismus soll man nicht relativieren, mach ich auch nicht. Denn ohne den deutschen Faschismus hätten lettische Nazis vielleicht Juden nicht erschlagen oder die Ungarn hätten keine Juden an der Donau erschossen. Das will ich nicht relativieren. Trotzdem hätte jedes Land Grund gehabt die eigene Geschichte selbstkritischer aufzuarbeiten.

Ich habe ein Gespräch mit einer jungen Türkin gehabt. Sie hat zu mir gesagt, wie gut sie es fände, dass wir Deutschen unsere Geschichte aufarbeiten. In der Türkei dürfe man über Armenien nicht reden. Das finde ich auch. Man kann ja nur etwas lernen, wenn man sich selbst und seiner eigenen Geschichte gegenüber selbstkritisch ist. Wenn ich sage die anderen sind an allem schuld, dann lerne ich ja nichts daraus. Weder im persönlichen, noch im gesellschaftlichen Leben. Herr Schramm, am 9. November ist auch die Erinnerung an das Pogrom. Was hat das für eine Bedeutung?

Ich kann es ja auch nur aus der Sicht meiner Mutter auf die Sicht der deutschen Juden, sag ich mal, interpretieren.

Mir ist in dieser Zeit, in der ich mich als Jugendlicher damit beschäftigt habe und diesem damaligen Richter im Eichmann-Prozess geschrieben hatte, sehr schnell klar geworden, dass die „Kristallnacht“ in Deutschland etwas ganz wichtiges war. Das war der Übergang von Diskriminierung zu Terror und Mord. Die Bevölkerung ist getestet worden und sie hat den Test aus Sicht der Nazis bestanden. Sie waren nicht solidarisch mit ihren jüdischen Nachbarn. Das war der Übergang, obwohl es nur wenige Tote damals waren. Aber es war der Test für die Bevölkerung. Wenn sie das hinnehmen, werden sie auch die nächsten Verbrechen hinnehmen. Insofern sehe ich das als vielleicht das wichtigste Ereignis oder eines der wichtigsten Ereignisse, was die Geschichte des Nationalsozialismus in Deutschland ausmacht. Es war zunächst der Beginn der Vertreibung mit brutalen Mitteln. Die Leute, die jüdischen Männer, die eingesperrt wurden in der „Kristallnacht“ – 30.000 glaube ich in Deutschland – die wurden ja gezwungen dann das Land zu verlassen. Diese KZ-Haft – über einen Monat in der Regel – 1938, war dazu da, sie zu verpflichten, das Land zu verlassen. Mit Familie, ohne Familie, jedenfalls raus.

Aus meiner Sicht heute, wo natürlich das dazu kommt, was man inzwischen erfahren hat, wie eben, dass es zum Schluss dann 6 Millionen Tote waren, war es der Übergang von den Voreingenommenheiten zu Hass, Neid, Enteignung bis hin zu Mord und offenem Terror.

In jedem Dorf gut organisiert und gut gemacht von den Deutschen.

Die Familie Cohn, Bucky, Levy, in Altenburg, war eine sehr angesehene Kaufmannsfamilie. 1938 mit dem Pogrom, da hat sich keine Hand mehr für sie gerührt. Am Anfang war Altenburg fast ein bisschen resistent gegen die Nazis, weil diese Familie so wohltätig und gut war, aber zwischen 1933 bis 1938 hat sich die Situation ständig verschärft. Die haben das sozusagen immer „tröpfchenweise“ in die Gesellschaft gegeben. Albert Levy war eine Woche in Buchenwald nach dem Pogrom. Eine Woche. Und er war ein vollständig gebrochener Mann. Konnte ausreisen, sofort, musste aber alles überschreiben. Da haben sie zum ersten Mal die Maske ganz fallen lassen, reiner Terror. Und es hat eben funktioniert. Es war fünf Jahre lang vorbereitet. Es gab keinen Widerstand. Keinen nennenswerten jedenfalls.

Wenn wir sagen keinen nennenswerten, dann stimmt das. Aber ich habe mir angewöhnt diese positiven Sachen, wenn sie wirklich auch eine Minderheit war, mehr zu achten. Erstmal war es ja fast heroisch in so einer Zeit nicht mitzumachen.

Und dann, was soll denn unsere Jugend lernen ? Wie perfekt die Gaskammern waren ? Wie perfekt die Bösartigkeit war ? Reicht denn das ? Oder müsste die Jugend nicht lernen, trotz dieser furchtbaren Bedingungen hat es Leute gegeben, die ihr Leben eingesetzt haben, die Juden gerettet haben, die das gute Deutschland, das es scheinbar doch noch gegeben hat, dargestellt haben.

Ich habe mich da geändert in meiner Haltung.

Jede einzelne kleine gute Tat, die ein Mensch erlebt, bleibt bei dem ja auch im Gedächtnis haften. Das ist wie so ein kleiner Keim. Dann gibt es eben nicht nur „das Böse“, sondern dann wird es ein ganz klein bisschen löchriger und dadurch kann vielleicht irgendwann wieder Kommunikation entstehen. Also, wenn man jetzt verkündet, alle Russen seien so oder so, dann ist das einfach falsch und für nichts gut. Sie fragen ja, ob man jetzt nicht anfangen müsste zu überlegen, wie Russen und Russinnen und Ukrainer und Ukrainerinnen irgendetwas zusammen machen könnten, hier in Erfurt. Ich denke darüber nach, wie man das machen könnte.

In meiner Gemeinde, da schaff ich es nicht. Die Ukrainer und Russen, die hier hingehen, die halten sich sehr zurück. Ich hatte gedacht, das führt zu Spaltung. Ist nicht eingetreten – das ist gut. Aber sie verhalten sich mit einer gewissen Distanz. Sie fühlen sich ja trotzdem verbunden mit der Heimat, die sie hatten. Mit Russland. Mit der Ukraine. Und bei unseren Gottesdiensten und Feiern dieses Jahr haben sie dann zusammen am Tisch gesessen. Das ist dann doch ein Verdienst der Religion, selbst wenn es nur der Tradition wegen war und nicht aufgrund tiefer Religiosität. Man saß zusammen – russische Herkunft, ukrainische Herkunft. Die Einen haben traurig herunter geguckt und geweint, weil zwar die Familie mit hier ist, aber die Freunde sind in der Ukraine geblieben, im Krieg. Und die russischer Herkunft haben traurig herunter geguckt, weil sie sich vielleicht geschämt haben für das was im Namen Russlands geschieht. Und insgesamt hat man sich nicht zerstritten, sondern hat die jüdischen Feiertage gemeinsam begangen. Wir haben ja ungefähr dreihundertfünfzig Menschen aus der Ukraine, dreihundertfünfzig aus Russland. Es hat nie eine Rolle gespielt, ob jemand Ukrainer oder Russe war. Ich lehne das auch jetzt ab, nun vielleicht ukrainisch einzuführen. Wir sind gut ausgekommen mit Ukrainern und Russen und machen das mit russischer Sprache seit dreißig Jahren. Seitdem sie einwandern konnten. Da muss ich keinen Zirkus mitmachen.

Aber diese einzelnen Gespräche, die ich führe, da gibt es auch welche die mit den Russen nichts mehr zu tun haben möchten. Und manche Russen sagen, diese Ukrainer, die seien Faschisten, mit denen wolle man nichts zu tun haben. Die seien schuldig für diesen Krieg. Was es da alles gibt. Die Situation ist doch komplizierter als es in der Zeitung steht. Es gibt auch ukrainische Familien, wo die Tante oder der Onkel noch in der Ukraine ist, auf der Krim zum Beispiel. Der Sohn hat nach dem Studium eine gute Stellung hier, völlig integriert, die Eltern sitzen in Nordthüringen, deren Bildung kommt teilweise aus dem russischen Fernsehen, sodass die Eltern versuchen, nicht mehr mit dem Sohn zu sprechen. Weil die Eltern sind für Putin, der Sohn ist gegen ihn. Die Tante, die noch auf der Krim ist, sagt, lasst uns bitte in Ruhe, wir wollen nicht zu der Ukraine dazukommen. Wir wollen hier auf der Krim bleiben, in Russland. Der Krieg im Ganzen wird allerdings abgelehnt.

Das ist ein sicher ausgefallenes Beispiel aber ein authentisches, hier in Thüringen. Das heißt, es ist sehr kompliziert. Es wird nur noch das Trennende unterstrichen bei vielen. Das ist sehr gefährlich, es bleiben ja die Russen als Nachbarn und die Ukrainer als Staat. Viele Ukrainer leben in Russland, viele Russen in der Ukraine. Die kann man nicht alle aussiedeln. Es gab ethnische Säuberungen in der Geschichte – Türkei, Griechenland – schrecklich. Es gibt genügend Leute von beiden Völkern, die in unterschiedlichen Regionen leben und die können doch auch nicht alle diskriminiert werden, nur weil die Großmutter aus Russland oder eben aus der Ukraine kommt oder so.

Im Grunde ist es einfach. Man ist eben unterschiedlich. Solang ich mich nicht damit über jemanden stelle, sondern einfach sage: gut, guck mal, die reden so, machen es so, kochen so. Wir reden über unterschiedliche kulturelle Bräuche. Das ist doch bereichernd. Die müssen ja nicht aggressiv sein, da haben wir eben eine russische Gemeinde oder ukrainische Gemeinde. Das ist ja alles nicht schlimm.

Aber wenn die Rahmenbedingungen nationalistischer, böser Art sind, dann werden auch diese Gemeinden gefährlich. Die Gefahr ist groß, dass sich anstelle von der europäischen Sicht, die nationalistischen Hitzköpfe durchsetzen. Das wäre dann traurig. Dass ich das so aus jüdischer Sicht sehe, ist dabei nicht das Wesentliche. Weil sich die Völker zum Schluss selbst schaden.

Für mich ist das mit dem Nationalismus vollkommen widersinnig. Deshalb erreicht mich das auch nicht, weil es immer etwas mit Geschichtsfälschung zu tun hat. Da wird die Vergangenheit einer Nation aufgemacht, die es niemals gegeben hat! Nirgendwo ist diese glorreiche Vergangenheit so gewesen, wie sie dann besungen wird. Bei den Deutschen schon gleich gar nicht, ob man da jetzt 100, 200 oder 300 oder gar 1000 Jahre zurück geht – lächerlich. Und der Nationalismus gründet sich eben immer auf so einem falschen Mythos und ist eigentlich immer in die falsche Vergangenheit gerichtet.

So ist es. Das heißt hier wird die eigentliche europäische Idee negiert durch Nationalisten. Aus egoistischen Gründen wahrscheinlich. Und das ist doch traurig. Das ist doch eine große Idee, die Chance für die Zukunft. Es wird auch unterschätzt, dass man jetzt schon 70 oder 80 Jahre Frieden hat. Das ist jetzt das erste Mal in der Ukraine, dass jetzt so ein Krieg wieder dazwischenkommt. Als würde er wiederkehren.

Ich habe einen Freund der ist Professor für Archäologie. Wenn er mit Jugendlichen gesprochen hat, hat er gesagt, wir haben 70 Jahre Frieden in Europa, das ist so kostbar. Ich aber bin mitten im Frieden geboren. Das heißt ich habe nie etwas gespürt und habe auch in der Familie keine Auswirkungen vom Krieg gehabt. Ich habe es intellektuell verstanden, klar, aber ich habe es nicht empfunden. Das war dem so ein Anliegen. Jetzt empfinde ich es.


Reinhard Schramm wurde 1944 in Weißenfels (Sachsen-Anhalt) in eine vom liberalen Judentum geprägte Familie geboren. Seine Großeltern besaßen eine Schuhfabrik, die im Rahmen der „Arisierung“ enteignet wurde. Außer seinen Eltern wurden fast alle Angehörigen Reinhard Schramms verhaftet und in Konzentrationslagern ermordet.

Nach dem Krieg blieb Reinhard Schramm mit seinen Eltern in Weißenfels. Vom Familienbetrieb erhielt seine Mutter lediglich das Gebäude zurück, sonst keinerlei Entschädigungen.

Als er sein Abitur erworben hatte, studierte er Elektrotechnik in der Volksrepublik Polen, später kehrte er mit seiner Frau in die DDR zurück und bekam mit ihr drei Kinder. Er arbeitete an einem Berliner Forschungsinstitut und von 1987 bis 2010 lehrte er an der Technischen Hochschule in Ilmenau.

Angeregt durch den Eichmann-Prozess 1961 in Israel begann er, sich als Schüler mit der Verfolgung der Juden in Weißenfels zu beschäftigen, doch die Kontakte mit Überlebenden in Israel wurden ihm untersagt. Ein 1988 fertiggestelltes Buchmanuskript wurde in der DDR nicht veröffentlicht und konnte erst ab 1990 erscheinen. Seit 1988 ist Prof. Dr. -Ing. habil. Reinhard Schramm in der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen aktiv. Seit 2012 ist er ihr Vorsitzender.