Thüringer Klimagesetz

Mit dem Gesetzentwurf für ein Thüringer Klimagesetz hat unsere Grüne Umweltministerin Anja Siegesmund nun einen wichtigen Schritt getan, um eines unserer zentralen Anliegen in dieser Legislatur auf den Weg zu bringen und der Klimaerwärmung mit konkreten Maßnahmen zu begegnen. In einem Interview haben wir Anja zu diesem Gesetz befragt.

Im Koalitionsvertrag wurde auf grüne Initiative hin ein Klimagesetz für Thüringen vereinbart. Dieses liegt nun vor. Welche Ziele verfolgt ihr mit dem Gesetz? 

Anja: An dem Tag, an dem der amerikanische Präsident wie ein Hurrikan in den Südstaaten per Dekret den Klimawandel wegfegen will, sind wir mit unserem Klimagesetz in die erste Lesung ins Kabinett gegangen. Nie war eine entschlossene Klimapolitik so wichtig wie heute. Nie kam es so sehr auf uns an. Der Klimawandel findet statt, allein in Thüringen hat sich die Temperatur in den letzten 25 Jahren um knapp 1 Grad erhöht, Extremwetterereignisse wie Starkregen und Hagel nehmen zu, Trockenperioden ebenso. Darauf gibt es nur eine Antwort: Die Beschlüsse von Paris Schritt für Schritt umsetzen und zwar mit Klimaschutz und Klimaanpassung. Mit dem innerhalb der Koalition hart verhandelten Klimagesetz geht Thüringen auf dem Weg, den die internationale Staatengemeinschaft ausgehandelt hat, entschlossen voran. Sieben Kernziele stehen im Gesetz. Die Formel 70-80-95 ist eine davon. Das heißt bis 2030 wollen wir bis zu 70 Prozent CO2 einsparen, bis 2040 bis zu 80 und bis 2050 bis zu 95 Prozent. Als erstes Klimagesetz der neuen Länder stellen wir uns aber noch viel breiter auf, bringen mit dem Gesetz die Wärmewende voran, ermöglichen mehr nachhaltige Mobilität, unterstützen die Kommunen finanziell beim Erstellen von Konzepten und beim Umsetzen von Klimaschutz von der LED-Laterne bis zum Wärmekonzept für das Schulhaus. 2040 wollen wir 100 Prozent erneuerbar sein.

Klimaschutz und der Ausbau erneuerbarer Energien oder effiziente Energienutzung gehören zusammen. Was ist im Klimagesetz dazu geregelt? 

Wenn wir es schaffen, unsere Potentiale in den Bereichen Erneuerbare, Energieeffizienz und Energieeinsparung zu nutzen, wird Thüringen zum Energie-Gewinner. Das Klimagesetz macht Ernst mit Windenergie auf einem Prozent der Thüringer Landesfläche. Auch das wäre erstmals gesetzlich verankert und die regionalen Planungsgemeinschaften müssten ihre Regionalpläne endlich anpassen.

Gerade der Thüringer Landesverwaltung kommt beim Klimaschutz eine Vorbildfunktion zu. Wer Klimaschutz will, muss auch selber liefern. Bis zum Jahr 2030 soll die unmittelbare Landesverwaltung klimaneutral arbeiten. Kommunen, Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger nutzen außerdem intensiv unsere beiden erfolgreichen Förderprogramme „Solar Invest“ und „Green Invest“, um klimafreundlich Energie mit der Sonne zu erzeugen und die Energieeffizienz als schlafenden Riesen der Energiewende zu wecken.

Konkretes Klimaschutzhandeln ist ja auch ein Thema für die Kommunen. Wie unterstützt ihr die Kreise, Städte und Gemeinden dabei? 

Zahlreiche Kommunen in Thüringen zeigen bereits, dass Klimaschutz erst vor Ort konkret wird und hilft, langfristig Kosten zu sparen. Mit dem Klimagesetz nehmen wir auch die Wärmeversorgung näher in den Blick. Hier liegen noch enorme Einsparpotentiale und übrigens auch neue Geschäftsfelder. Unternehmen, die ihre Abwärme bislang in die Luft pusten, könnten potentiell Lieferanten für ein lokales Nahwärmenetz sein. Eine klimaneutrale Wärmeversorgung von Gebäuden senkt langfristig Kosten und trägt zur Versorgungssicherheit bei. Bis zum Jahr 2050 streben wir einen klimaneutralen Gebäudebestand an. Mit Wärmeplänen sollen Betreiber öffentlicher Wärmenetze einen Beitrag für eine CO2-neutrale Wärmeversorgung leisten. Gemeinden ab 30.000 Einwohner/-innen werden zudem bis spätestens 2025 Klimaschutzkonzepte aufstellen, kleinere Gemeinden ab 2025 Wärmeanalysen und -konzepte erarbeiten. Landkreise und Kommunen werden dabei von uns finanziell unterstützt.

Die negativen Auswirkungen des Klimawandels machen sich auch in Thüringen bemerkbar. Was habt ihr vor, um diese so gering wie möglich zu halten? 

Der Klimawandel macht an unseren Landesgrenzen nicht halt. Weiter abzuwarten wird die Generationen nach uns weitaus mehr kosten, als wir jetzt in Klimaschutz und eine klimafreundliche Energieversorgung investieren müssen. Bis 2040 soll Thüringen deshalb den Energiebedarf bilanziell aus einem Mix erneuerbarer Energien decken können. Aber auch die Anpassung an den Klimawandel ist Bestandteil des Klimagesetzes. Das konkrete Maßnahmenprogramm (IMPAKT) wird regelmäßig fortgeschrieben und mit entsprechendem Monitoring mindestens alle fünf Jahre die Zielerreichung überprüft und wo nötig Anpassungen vorgenommen.

Weitreichender Klimaschutz kann nur mit breiter gesellschaftlicher Unterstützung gelingen. Aber es gibt auch immer wieder Bremser. Wie geht es nun in Thüringen weiter, um möglichst viel für das Klima zu erreichen? 

Fest steht: Wir brauchen mehr Anstrengungen für den Klimaschutz in allen Lebensbereichen. Es geht um unsere Lebensgrundlagen. Der jetzige Gesetzentwurf war allein innerhalb der Koalition ein hartes Stück Arbeit. Ich bin schon von Beruf Öko-Optimistin, aber auch Realistin. Unsere Anstrengungen dürfen sich nicht auf die eigene Lebenswelt allein beziehen. Wer Thüringen verändern will, sollte größer denken. Das erreichen wir nur gemeinsam. Thüringens Wirtschaft ist da an vielen Stellen schon weiter als der Wirtschaftsminister, der offenbar noch der fossilen Energiewirtschaft nachtrauert. Wir erarbeiten gerade mit einem breiten Dialogprozess die Energie- und Klimaschutzstrategie, den Thüringer Klimaplan. Mit den darin enthaltenen Klimaschutzmaßnahmen sollen die Ziele des Thüringer Klimagesetzes umgesetzt werden. Ab Mai startet der Online-Beteiligungsprozess. Jeder und Jede kann mitmachen. Und mit dem Klima-Pavillon auf der Landesgartenschau in Apolda machen wir Klimaschutz ab 29. April erlebbar. Ich hoffe viele von Euch dort zu sehen!