So geht’s! Unabhängig von fossilen Energien, unabhängig von Russland!

Rückblick auf den Digitalen Feierabend vom 23. März 2022: „So geht’s! Unabhängig von fossilen Energien, unabhängig von Russland!

Strom, Gas und Benzin sind so teuer wie nie. Nicht nur der russische Angriffskrieg auf die Ukraine treibt die Preise immer weiter in die Höhe und das belastet vor allem diejenigen, die wenig haben. Nun muss schnell gehandelt werden, um zum einen die Verbraucher*innen zu entlasten und zum anderen unabhängig von Importen fossiler Energieträger zu werden. Denn Putins Angriff auf die Ukraine hat deutlich gezeigt: eine Energiewende ist nicht nur eine Frage des Klimaschutzes, sondern auch der Sicherheit.

Wie müssen wir die Energiewende unter den neuen Voraussetzung des Kriegs in der Ukraine betrachten? Wie abhängig sind wir von Russland? Und wie schaffen wir es auch in Thüringen energiepolitisch unabhängig zu werden? Über diese Fragen diskutierte unser Landessprecher Bernhard Stengele bei unserem digitalen Feierabend am 23. März 2022 mit der Thüringer Energieministerin Anja Siegesmund und Constantin Zerger, dem Leiter der Bereiche Energie und Klimaschutz der Deutschen Umwelthilfe.

Constantin Zerger war im letzten Jahr schon einmal zu Gast bei unserem digitalen Feierabend und auch da ging es um die steigenden Energiepreise. Laut Zerger sei der Preisanstieg nicht allein auf Putins Angriffskrieg zurückzuführen, er würde jedoch vom Kreml als Druckmittel instrumentalisiert. Das sähe man am Beispiel Gazprom: Auch wenn das Energieunternehmen mit Sitz in Moskau weiterhin seine Langzeitverträge erfüllt, beteilige es sich aktuell nicht am Energiemarkt – ein Verhalten, das aus wirtschaftlichen Motiven für das Unternehmen nicht zu erklären sei und deshalb aus Sicht Zergers politischer Natur sein muss.

Anja Siegesmund setzt sich als grüne Umwelt- und Energieministerin seit Jahren für den Ausbau der Erneuerbaren Energien ein. Laut Siegesmund habe der Krieg in der Ukraine die energiepolitische Vulnerabilität Deutschlands aufgedeckt. Nun gelte es, die Abhängigkeit von Russland aufzulösen, indem man die Energiequellen diversifiziere. Mit verschiedensten Mitteln müssen nun die Rückstände der letzten Bundesregierungen wieder ausgebügelt werden und es gelte jetzt: Effizient wirtschaften, Energie sparen und Erneuerbare mit möglichst viel Tempo ausbauen.

Auch die Verbraucher*innen können dazu beitragen mit umwelt- und friedensbewusst Energieeinsparungen im privaten Umfeld. Constantin Zerger betonte jedoch, dass man die Verantwortung der Politik nicht auf die Bürger*innen verlagern dürfe: Die Rahmenbedingungen für eine energiepolitische Unabhängigkeit müsse die Politik setzen.

Dazu gehört aus seiner Sicht auch das Framing der neuen Energie- und Wärmequellen. Am Beispiel der Wärmepumpe könne man das aus seiner Sicht gut erkennen, da viele Handwerker*innen nicht mit dem Bau dieser vertraut sind. Wirtschaftliche Akteure wie die Gaslobby würden bewusst versuchen, von der Funktionalität und Effizienz einer Wärmepumpe abzulenken. Es läge an der Politik, dort gegenzusteuern.

Anja Siegesmund hat genau das vor: Im Austausch mit der Handelskammer habe man gemeinsam sieben Thüringer Handwerksbetriebe ausfindig gemacht, die eine Luftwärmepumpe einbauen und auch reparieren können. Auch im Bausektor versuche sie anhand von Modellprojekten wie in Stadtroda, den Weg Thüringens hin zur Klimaneutralität darzustellen und aufzuzeigen, dass ein klimaneutraler Freistaat möglich ist. Man habe viel zu lange auf gefährliche fossile Energien gesetzt, es wäre an der Zeit, die Kapazitäten für die erneuerbaren Energiequellen auf allen Ebenen massiv auszubauen.

Auch Constantin Zerger hofft, dass wir in der Zukunft nicht in alte energiepolitische Verhaltensmuster zurückfallen. An fossilen Energiequellen hingen nicht nur Umweltzerstörung, sondern auch Menschenleben durch Rohstoffkriege. Es brauche ein Neudenken in der Energiepolitik. Dabei sollte nicht Verzicht der Begriff sein, der mit der Energiewende verbunden wird, sondern vielmehr ein Zugewinn von Lebensqualität durch Lösen von übermäßigen Konsum.

Und was muss akut getan werden? Constantin Zerger hätte mit einer Energiedelegation aus Kiew gesprochen und diese hätten gefordert, die Gaslieferungen aus NordStream 1 zu stoppen. Zudem sollten die Pipelines, die unter anderem auch durch ukrainisches Staatsgebiet führen, in Betrieb gehalten werden, um die Ukraine zu unterstützen. Es müsste eine Strategie gefunden werden, um Russland nicht weiter mit den Gasimporten in die Karten zu spielen.