Zur Sache mit Dirk Adams: Kriegsgeflüchtete in Thüringen: Situation, Dynamik, Initiativen 17. März 202223. März 2022 Über zwei Millionen Menschen sind bereits wegen des Krieges in der Ukraine auf der Flucht. Das ist die größte und schnellste Fluchtbewegung in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Über 160.000 Menschen sind bisher nach Deutschland gekommen. Tendenz schnell steigend. Auch in Thüringen kommen immer mehr Geflüchtete an und der Freistaat schnell an erste Grenzen. Die Solidarität mit denen, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen müssen und Schutz in Deutschland und anderen europäischen Ländern suchen, ist überwältigend und die Hilfsbereitschaft groß. Doch was es nun in Deutschland und Thüringen braucht ist eine koordinierte und strukturierte Verteilung der Geflüchteten, einen geregelten Umgang mit Ausnahmefällen und eine schnelle Integration der Ukrainer*innen in das Bildungs- und Berufsleben. Vor diesem Hintergrund sprach unser Landessprecher Bernhard Stengele am Donnerstag, den 17. März 2022, im Rahmen unseres Gesprächsformats „Zur Sache“ mit dem bündnisgrünen Thüringer Migrationsminister, Dirk Adams, darüber, welche Maßnahmen nun auf Landesebene ergriffen werden müssen und wie die Kommunen eingebunden werden. Zu Beginn nutzte Dirk Adams die Gelegenheit, um allen Teilnehmenden einen Dank für ihr Engagement in den letzten Wochen auszusprechen. Auch für ihn und sein Ressort seien die Zeiten mit enormen Strapazen verbunden. Die aus dem Geflüchtetenstrom resultierende Überlastung der Erstaufnahmeeinrichtungen konnten bisher laut Adams durch die vielen Unterbringungsangebote von Privatpersonen kompensiert werden. Dennoch müsse allen klar sein, dass dieses Engagement auch an seine Grenzen komme: Bis zum Sommer würden in ganz Deutschland schätzungsweise ca. eine Million Geflüchtete ankommen. Es brauche großflächigere Angebote, die nun in Absprache mit der rot-rot-grünen Landesregierung angemietet und ausgestattet werden. Diese Aufgabe läge zum Großteil bei den Kommunen – zum einen aus juristischen Gründen, aber auch, da diese vor Ort einen besseren Überblick über passende Objekte hätten. Für die Aufnahme und Registrierung der Geflüchteten sei Thüringen vom Bund mit sechs weiteren Registrierungsgeräten ausgestattet worden. Beamt*innen, die bereits mit der Software der Geräte vertraut sind, stehen zur Unterstützung bei der Bedienung der Geräte bereit. Um auch die gesundheitliche Versorgung sicherstellen zu können, plane das Ministerium im laufenden Verfahren einen Weg, um Rezepte für jene Geflüchtete ohne Versicherungsnachweis an die Gesundheitsämter zu leiten. Etwas, das viele in diesen Tagen beschäftigte, ist die Beschulung der ukrainischen Kinder, die in Deutschland ankommen. Adams sei dankbar dafür, dass die Ukraine mit einer Online-Lernplattform die Bildung zumindest übergangsweise sicherstelle. Dennoch möchte er die Beschulung möglichst schnell nicht mehr separiert, sondern integrierend bestreiten. Dabei plane er, die Schulen mit ukrainischsprachigem pädagogischen Personal zu unterstützen. Dem Migrationsminister war auch wichtig zu betonen, dass in diesen Zeiten darauf geachtet werden müsse, verschiedene Gruppen von Schutzsuchenden nicht gegeneinander auszuspielen. Adams drehe sich der Magen um bei dem Gedanken, dass die juristische Privilegierung der ukrainischen Geflüchteten in Thüringen in einer Benachteiligung der Geflüchteten aus anderen Regionen resultieren könne. Abschließend stellte der Adams klar: Die nächsten Monate werden hart. Thüringen würde in weniger als einem Jahr mehr Menschen aufnehmen müssen, als in den drei Jahren der sogenannten „Flüchtlingskrise“ zusammen. Eine solche Mammutaufgabe könne man nur in gemeinsamer Solidarität durchstehen, indem man die Geflüchteten betreue, ihnen zuhöre und strukturierte Unterstützung leiste.